Ein Blick auf unsere fünf Pushbikers Rennfahrerinnen 2025 zeigt unmittelbar: mit Laura und Sarah Kastenhuber haben wir zwei Schwestern in der Elite Mannschaft. Sie sind ein Duo, das sich intuitiv versteht, Interessen und Erfahrungen teilt. Immer im Doppel-Pack? Ohne Zweifel zeigen die beiden, dass Radsport nicht nur eine individuelle Sportart ist, sondern auch bei Geschwistern und in der Familie eine besondere Rolle spielen kann.
Beide haben eine interdisziplinäre Ausbildung im eigenen Radsportverein genossen, sind sowohl auf der Bahn als auch der Straße gefahren. Sarah fuhr bereits für die Maloja Pushbikers FEM Frauenmannschaft, war danach Teil des spanischen Profi-Damenteams Sopela Women Team, für das sie auch die Vuelta a Espana Feminina gefahren ist. Ihre jüngere Schwester Laura gewann in den vergangenen Jahren mehrere Medaillen bei den Deutschen Bahnmeisterschaften in der Verfolgung und im Punktefahren. Was beide Schwestern eint: Radsport als fester Lebensinhalt seit klein auf. Man könnte fast sagen: ohne Radfahren wäre ihr Leben gar nicht denkbar. Auf die Frage, welche drei Personen sie am liebsten zu sich einladen würden, kommt ohne Überlegung die Aussage: „Hauptsache, es sind Radfahrer. Dann gibt es immer coole Geschichten“. Und wenn man sie fragt „Was würdest du sofort tun“, dann lautet ihre Antwort „In einen Flieger steigen und in der Sonne Radfahren“.
Lebensfroh, unbeschwert, ehrgeizig – genau mit dieser Haltung sind Laura und Sarah im Februar nach Australien aufgebrochen. Nicht gerade um die Ecke als Saisonvorbereitung 2025. Was es mit Down Under auf sich hatte, könnt ihr hier erfahren.
EIN REISEBERICHT VON LAURA & SARAH KASTENHUBER.
Die Geschichte beginnt mit einer harmlosen Frage: „Warum fahrt ihr nicht nach Australien für ein Preseason-Trainingslager?“. Im tristen, grauen November brachte uns Pushbikers Chef Christian Grasmann auf die Idee. Daraus wurde ein 6-wöchiger Trip von Melbourne nach Sydney und Brisbane, bei dem wir an drei Runden der australischen Provelo Superleague teilnahmen und auf unserem Roadtrip echte Freunde fanden.
Die kleine Reisegruppe, die in den A380 von München nach Melbourne stieg, waren wir, die beiden Schwestern Sarah und Laura. Wir sind 22 und 19 Jahre alt und haben in der Vergangenheit schon viele Rennen in ganz Europa bestritten. Unser Vater Alex war ebenfalls ein ehemaliger Radprofi, der in seiner aktiven Karriere in der ganzen Welt Rennen fuhr. „Der Radsport wird dich um die ganze Welt führen“. Inspiriert von seinen Worten, begannen wir mit der Planung. Da wir beide nach dem Studium- bzw. dem Schulabschluss ein Gap Year machen, war es der perfekte Zeitpunkt. Unsere Reisebegleiter waren zwei verschiedene Fahrräder: Laura entschied sich für das Argon 18 Sum, um das perfekte Setup für schnelle Trainingsfahrten und noch schnellere Rennen zu haben. Sarah wollte ihr Training um ein wenig Outback-Gravel-Erfahrung erweitern und entschied sich daher für das Krypton, das sie mit Straßenlaufrädern umbauen kann.
Die Zeit verging unglaublich schnell – vom Tag der Flugbuchung bis zu dem Moment, an dem wir uns für eine längere Zeit von Deutschland verabschiedeten. Nach 22 Stunden kamen wir sicher an unserem ersten Ziel an: Bendigo. Dort durften wir bei einer australischen Familie wohnen, die zuvor schon viele Jahre die zweite Heimat für Christian und Pushbikers-Rennfahrer war. Und so wurden wir gleich perfekt in das soziale Leben der Stadt integriert – denn schon vor unserer Ankunft wusste jeder, dass zwei deutsche Mädchen für zwei Wochen zu Besuch kommen.
Beim Training konnten wir das australische Lebensgefühl so erleben, wie wir es uns immer vorgestellt hatten – zum Glück ohne gefährliche Tiere. Zwei Wochen lang hatten wir Sonne und Hitze, was uns „zwang“, früh morgens mit unseren Rädern aufzubrechen. Frühe Grouprides waren angesagt – zu zweit oder auch zusammen mit den einheimischen Radfahrern. Dafür sahen wir hunderte Kängurus neben der Straße oder sogar direkt vor uns über die Straße hüpfen.
Was vor uns lag, fühlte sich an wie aus einem dieser klischeehaften Roadtrip-Filme, die fast zu perfekt sind, um wahr zu sein: stundenlanges Autofahren, lautes Mitsingen zu unseren Lieblingssongs und wahrscheinlich mehr Kaffeepausen als jemals zuvor beim Radfahren. Unser Mietwagen war bis obenhin vollgepackt mit all unseren Rädern und Taschen, aber irgendwie wurden wir im Laufe der Zeit zu echten Tetris-Meisterinnen in punkto Packen.
Von Bendigo aus stand die erste lange Fahrt hinauf nach Sydney zum ersten Rennwochenende bevor – und das alles auf der „falschen“ Straßenseite, denn die Australier fahren ja bekanntlich links. Mit dem Harbour City Grand Prix fanden wir nach der Winterpause in Deutschland langsam wieder zurück ins Renngeschehen, und mit jedem Rennen wuchs die Vorfreude auf das nächste und überhaupt die Lust auf die Saison 2025, für die Australien ja erst der Einstieg war.
Abseits des Radsports mischten wir uns unter die Touristen und erkundeten die Umgebung. Von einem regnerischen Sydney ging es weiter nach Coffs Harbour, wo wir den Klimawandel deutlich zu spüren bekamen: von sonnigem, trockenem Bendigo über das regnerische Sydney bis hin zum feuchten New South Wales, wo die Wälder eher wie Dschungel wirkten.
Das zweite Rennwochenende war das legendäre Grafton–Inverell-Rennen. Ein ganz besonderes Highlight für uns, denn unser Vater hatte vor einigen Jahren selbst daran teilgenommen. Nach einem ziemlich langen Rennen – 110 km bei den Frauen und 230 km bei den Männern – ging es weiter zu unserem nächsten und letzten Ziel: die Region rund um Brisbane, wo wir die wunderschönen Strände der Gold Coast erleben durften. Die Q-Tour war abschließend wahrscheinlich das Highlight der Provelo Superleague, besonders die 90 km lange Königsetappe mit einem 2 km langen Anstieg ins Ziel. Es war ein echtes Vergnügen, mit all den internationalen Mädels gemeinsam Rennen zu fahren!
Im Laufe der Wochen fanden wir einen perfekten Rhythmus aus Training, Rennen und touristischen Erlebnissen. In den letzten gemeinsamen Tagen in Australien versuchten wir, so viele Abenteuer wie möglich unterzubringen – doch das absolute Highlight der Reise für uns alle war der legendäre Australia Zoo nahe der Sunshine Coast, wo wir Koalas und Kängurus streicheln konnten! Wir werden nie vergessen, wie weich ihr Fell ist.
Wenn man uns nach Australien und unserer Zeit dort fragt, gibt es eine zentrale Erkenntnis: Dieses Land lebt von seinen Menschen. Und die Menschen, die wir kennenlernen durften, haben die Zeit zu dem gemacht, was sie rückblickend wirklich war: unvergesslich.
Photos I Dion Jelbart I Auriol C Photography I Richard Scriven I Kobe Henderson I privat